Die Auferstehung von "little Büffel"

 


Der Motor - vom defektem Schrotthaufen zum Schönling

Also da war sie nun, die Neuanschaffung. Ein absolut hässliches Entlein, das einmal ein schöner Schwan werden sollte. Viktoria's Suzuki GT 550 M, liebevoll "little Büffel" getauft.

Nur bevor die ersten Meter damit gefahren werden konnten, wartete eine Menge Arbeit auf mich. Der Motor hatte einen schweren Schaden und wie genau dieser aussah war mir auch noch nicht bekannt. Also fing ich an das Triebwerk zu zerlegen und was ich dann sah war bei weitem schlimmer als erwartet.

War das Äußere des Motors schon grauslich anzusehen, die einstmals polierten Seitendeckel waren mit schwarzer Farbe überpinselt worden, und überall Rost und Dreck und noch schlimmer waren dann die Innereien.

Die Kolben mit tiefen Riefen und völlig hinüber, die Kolbenringe ebenso und die NIKASIL® beschichteten Zylinder hatten Riefen von ca. 3mm Tiefe. Das waren keine Riefen mehr, das waren Krater.
 

OK, da war also alles hinüber. Die Kolben samt Kolbenringe gab es zu einem vernüftigen Preis zu kaufen, aber die NIKASIL® beschichteten Zylinder waren weder für Geld noch für gute Worte irgendwo her zu bekommen. 

Also wandte ich mich an Firmen wie Rimuto und diverse anderer Zylinderbeschichter, um dann die Instandsetzung dieser Zylinder aufgrund der imensen Kosten zu verwerfen.

Es musste Zylinderersatz her und alle bekannten Quellen versagten. Erst eine Rundmail an alle Lieferanten von irgendwelchen Suzuki Ersatzteilanbietern brachte den gewünschten Erfolg. Marcel Vlaandere von "Classic Suzuki Parts" in den Niederlanden schrieb mir, dass er einen kompletten Satz gebrauchter Zylinder mit sehr guten Laufbahnen hätte, und nachdem der Preis sehr anständig war, bestellte ich bei Marcel diese Zylinder samt Kolben, Kolbenringen und Kolbenbolzen.

Gut, das Zylinderproblem war gelöst, aber der Motor hatte ja noch den Kurbelwellen und Pleulfußschaden. So kam die Kurbelwelle raus und wurde zu Bernd Braun geschickt. Bernd Braun, in der Zweitaktszene die erste Adresse für die Instandsetzung rollengelagerter Kurbelwellen, machte mal wieder seinem guten Ruf alle Ehre.

Ich erhielt von ihm meine Kurbelwelle in einem "besser als neu" Zustand zurück.

Bernd erneuerte alle sechs Hauptlager und die Pleul mit überholten Gebrauchtteilen.


Nachdem neue Simmerringe verbaut waren, sah die Kurbelwelle von "little Büffel" aus wie frisch bei Suzuki vom Band gelaufen.


Mit diesem Kurbeltrieb wird das GT 550 Triebwerk sicher noch etliche Jahre top laufen.


In der Zeit als die Kurbelwelle zur Instandsetzung bei Bernd 

Braun war, nahm ich mich der Vergaserbatterie an. Diese war ebenfalls in einem absolut desolatem Zustand. Die Gummiformstücke, die als Staubschutz der Betätigungsmechanik dienten, waren durch aggressive Benzinreste zu einer klumpig klebrigen Masse zerfressen, die sich nur mit Verdünnung ablösen ließ.

In den Schwimmerkammern blühte der Kalk und zerfraß genüsslich das Aluminiumdruckgussgehäuse. Sämtliche Kanäle und Düsen waren verstopft und zugekalkt.

Die stark zersetzten Gummiformteile und die dadurch übrig gebliebe klebrige Masse, ist auf diesen Bildern gut zu erkennen.
 

Nachdem ich die Schwimmerkammern und etliche andere stark verkalkte Vergasergehäuseteile ein paar Tage in Kalklöser (Antikal) versenkt hatte, war der Kalk soweit gelöst, dass die Vergaser komplett zerlegt werden konnten.

Das Ultraschallbad, versetzt mit Zitronensäure, gab den übrig gebliebenen Verunreinigungen dann den Rest und nach dem Polieren erstrahlte auch diese Vergaserbatterie in neuem Glanz.

Dann wurden die gereinigten und aufpolierten Vergaserteile wieder zu einer kompletten Vergaserbatterie zusammenge-setzt. Sämtliche Kraftstoffleitungen wurden erneuert und auch die Überlaufleitungen bekamen neue Schläuche.

Die Staubkappen aus Gummi, die komplett von alten Benzin-resten zersetzt worden waren, wurden gegen neue nun benzinresistente Staubkappen ersetzt, die ich aus England bezog.

So war die Vergaserbatterie wieder voll funktionstüchtig und wartete auf den Rest des Motors.

Ein ganz großes Problem stellten auch noch die Motorgehäusehälften dar. Diese waren mit verschiedenen Lacken zugekleistert worden und das ziemlich dick. Zwischen den Kühlrippen des Zylinderkopfes war der Schmodder so dick, dass er mit nichts zu entfernen war. Eins der Hauptprobleme war dabei war auch, dass man mit nichts zwischen die schmalen Kühlrippen kam.
 

Völlig unerwartet kam Hilfe von Rainer, dem ich seinen Suzuki GT 750 L Wasserbüffel aufgebaut hatte.

Rainer bot mir an, die Gehäuseteile bei sich in der Firma durch eine Hochdruckreinigungsanlage zu schicken und danach Glasperl zu strahlen. Ein Probestück überzeugte mich völlig von der Methode und so begaben sich die Motorteile auf die Reise zu Rainer. Was ich von Rainer nach einer Woche wieder bekam, war der Hammer. Alles blitzsauber, in keiner Ecke war mehr Farbe und der matte silberne Aluglanz - einfach fantastisch.

Um mir einen Eindruck zu verschaffen wie der GT 550 Motor später einmal aussehen wird, steckte ich die leeren Gehäuseteile samt Zylinder und Zylinderkopf zusammen und ich war von der Optik begeistert.

Leider sah man jetzt, vor allem am linken Zylinder, dass einige Kühlrippen - vermutlich durch einen Unfallschaden - ziemlich verbogen waren. Das konnte so nicht bleiben, nur das Geradeklopfen von Kühlrippen aus Aluminium muss sachte erfolgen, damit keine Rippe abbricht. Es gelang mir recht gut und ich war so mit dem Aussehen des Motors zufrieden.
 

Jetzt mussten die Innereien wieder rein.

Die Getriebewellen, die Kupplung, die Kickstarterwelle usw. zeigten sich nach der Reinigung in durchweg gutem Zustand und wurden mit neuen Simmerringen versehen wieder in das Gehäuse eingesetzt.

So sah das geschundene Triebwerk wie neu aus und bei diesem Anblick glaubte keiner, dass der Motor schon harte 38 Jahre auf dem Buckel hatte.

So sah das geschundene Triebwerk wie neu aus und bei diesem Anblick glaubte keiner, dass der Motor schon harte 38 Jahre auf dem Buckel hatte.

Nachdem der Kupplungskorb samt Kupplungsscheiben montiert war, könnte die rechte Motorseite eigentlich geschlossen werden. Nur gab es da noch ein Problem.

Die einstmals von Suzuki auf hochglanz polierten Motordeckel waren von jeglichem Glanz meilenweit entfernt.

Die früheren "Fahrzeugveredeler" hatten die Gehäusedeckel mit ca. 60ger Schleifpapier oder noch gröber angeschliffen, dann mit einem hellen Haftgrund bepinselt und abschließend mit einer ca. 2mm dicken schwarzen Bitumenfarbe veredelt.

Tja, schwarz war sportlich und in den 70gern echt in.

OK, das war echt übel, aber es halb nichts, die Farbe musste runter und der ehemalige Glanz wiedere her.

Als erstes beizte ich die dicken Schichten Lack in mehreren Arbeitsgängen mit einer Lackbeize ab. Sehr gut ging dies mit der Hammerit Lackbeize, die sich in ausgetrocknetem Zustand mit Wasser abwaschen lies.

GT550 010Nachdem der Lack in allen Ecken entfernt war, wurden die Deckel mit 400er, 800er, 1200er und zum Abschluss mit 3000er Wasserschleifpapier geglättet.

Dann war die Poliermaschiene dran. Mit grober Sisalscheibe und schwarzer Polierpaste erfolgte die Vorpolitur und mit einer Leinenscheibe und roter Polierpaste der Hauptschliff. Zum Abgleich kam eine weiche Baumwollscheibe mit hellblauer Abgleichpolitur zum Einsatz.

Nach rund 9 Stunden pro Deckel waren die "sportlichen" Schandtaten des Vorbesitzers aus den ´70ger Jahren beseitigt und die Deckel glänzten so wie sie einst das Werk in Hamamatsu verlassen hatten.

So poliert konnten die Motorgehäusedeckel wieder an das Motorgehäuse angebaut werden.

Eine elektronische Zündung, die ich ebenfalls von Marcel Vlaandere bezogen hatte, wurde noch eingebaut und es
kamen die Zweitaktölleitungen auf dem gestrahltem Motorgehäuse sagenhaft gut zur Geltung und dieser schöne Anblick lies das Herz des Schraubers höher schlagen.

Die Zweitaktölpumpe lief recht hackelig und der Dosierhebel stellte sich nicht von alleine zurück. Da die Ölpumpe am GT 550 Motor nicht wie der GT 750 Motor über ein Gestänge verfügt, welches mit den Vergasern verbunden ist, sondern über einen separaten Bowdenzug, muss der Dosierhebel kräftig von alleine zurückstellen.

Ich zerlegte die Pumpe komplett und befreite sie von etlichen verharztem Öl und Dreck, sodass sie nach dem Zusammenbau einwandfrei funktionierte.

Dann wurde die überholte Ölpumpe auf dem Motorgehäuse montiert.

Auf dem linken Kurbelwellenstumpf kam dann noch die Lichtmaschine, die nach der Reinigung einen guten Zustand machte.

Einzig die Schleifkontaktkohlen sind ziemlich verschlissen und müssen vor dem ersten Motorlauf noch erneuert werden - leider hatte ich keine da.

Sämtliche Verschraubungen wurden befestigt und die Kolben an die Pleul angesetzt.

Die Zylinder kamen auf den Motorblock und der Zylinderkopf mit neuen Kopfdichtungen und neuen Kopfschrauben oben drüber.

So war das GT 550 Triebwerk schon fast fertig.

Das Luftleitblech für das RamAir System musste auch ´70ger Jahre "Schwarz-Lack-Tuning" über sich ergehen lassen. Also nochmals die gleiche Prozedur. Entlacken, glattschleifen und dann stundenlang polieren.

Die Abdeckung der Zweitaktölpumpe und der schönen roten Ölleitungen wurde auch noch poliert.

Dann wurden die schon seit einigen Wochen fertige Vergaserbatterie an die Ansaugstutzen angeflanscht.

Damit war der Suzuki GT 550 M Motor nun endgültig fertig und wieder einmal war ich begeistert, dass Motorenbau in den `70ger Jahren so schön war.

Diese Motorenfront hatten ihre ganz eigene Ästhetik und heben sich vor allem vom heutigen Motoreneinerlei wunderbar ab.

Sicher sind heutige moderne Motoren stärker, wartungsärmer und zuverlässiger als ein fast 40 Jahre alter Zweitakter.

Jedoch versprüht kein moderner Motor dieses Flair - und darauf kommt es uns ja an. 

So, nachdem nach etlichen Wochen aufwendiger Restaurierung der völlig fertige und schwer beschädigte GT 550 M Motor besser als neu wieder hergestellt war, könnte er eigentlich laufen. Wenn da nicht noch die Kleinigkeit des gesamten Restes der GT 550 fehlen würde.
 

Rahmen, Räder, Gabel und Schwinge, Tank und Elektrik, also einfach der gesamte Rest müssen noch entrostet, gereinigt, also alles in allem gründlich restauriert werden. Und das wird noch eine Weile dauern. Also kommt der Motor jetzt erst mal schön eingepackt in eine sichere Ecke bis der Rest von "little Büffel" fertig ist.

Wie es mit den ganzen anderen Teilen der GT 550 M weiterging, lest ihr in den folgenden Berichten.

 

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