Rainer auf dem Weg zu mehr Dampf...

Eigentlich war mein Freund Rainer ein glücklicher Mensch und mit seinem L-Büffel, den er 2013 von mir aufgebaut bekam, recht zufrieden. Nur liegt die Betonung in diesem Fall ganz klar auf eigentlich.

Er mäkelte des öfteren, dass es seinem Büffel an Anzug und Spritzigkeit fehle und ich machte dann den entscheidenden Fehler. Beim 35. Klassikertreffen 2014 in Sinsheim ließ ich Rainer meine GT 750 A fahren. Von nun an war`s vorbei. Rainer wollte mehr Dampf und sie sollte so gehen wie die meinige...

Gut, ich musste zugeben, dass der Unterschied zwischen den beiden Büffeln schon frappierend war und dass Rainer's L-Modell mit nominell 52 PS nicht die "Butter vom Brot" zog. Mein A-Modell, das laut Suzuki über 63 PS verfügt, ging da um einiges besser.

Nur jetzt war Rainer mit der Leistung seiner GT 750 L überhaupt nicht mehr zufrieden und knörrte permanent bis ich schlussendlich erbarmen hatte und nachgab.

Ich hatte in der Bikeschmiede noch einen unrestaurierten GT 750 M Motor liegen, der auch über die 63 PS verfügt und diesen Motor baute ich Rainer für seinen L-Büffel auf.

Leider war dieser M-Motor einer von der schlechteren Sorte. Ich hatte ihn einmal für mein "Cafe Racer Projekt" angeschafft und er lag schon verstaubt ca. zwei Jahre in einer Ecke.

Wie der Zustand im Inneren dieses Motor war, entzog sich also völlig meiner Kenntnis und so wurde das Triebwerk erst einmal komplett zerlegt, gereinigt und gründlich per glasperlenstrahlen auf Vordermann gebracht.

Nach dieser Kur sah das Motorgehäuse einfach traumhaft aus und abgerundet wurde es von Rainers selbstangefertigten Stehbolzen aus Edelstahl.

Am Zylinder, der ebenfalls glasperlen gestrahlt wurde, gab es einiges an Pfusch und Schäden. So waren alle sechs Gewindebohrungen für die Krümmerverschraubungen ausgebrochen und beschädigt. Auch am Zylinderfuß gab es an einer Verschraubungsbohrung einen großen Materialausbruch.

Da diese Schäden doch recht heftig waren, gab ich den Zylinder der Firma HST in Schweinfurt, die die schadhaften Stellen professionell aufschweißte.

Jetzt konnte ich die Konturen des Zylinders mit einem Fräser nacharbeiten und die M8 Befestigungsgewinde für die Krümmerschrauben wieder bohren und schneiden. Danach kam der Zylinder samt Zylinderkopf in die Gleitschleifmaschine und präsentierte sich danach in makellosem Finish.

Zwischenzeitlich brachte UPS auch die Kurbelwelle des M-Motors wieder zurück. Ich hatte die Welle gleich nach der Zerlegung des Motors zu Bernd Braun und seiner Firma CrankUp zur Überholung geschickt.

Die Kurbelwelle, die ihre besten Jahre auch schon einige Zeit hinter sich hatte, wurde von Bernd (so wie immer) komplett überholt und kam, wie ich es gewöhnt bin, in neuwertigem Zustand zurück.

Sie wartet jetzt geduldig, dass der Rest des M-Motors fertig wird, um dann ihre Arbeit für die kommenden Jahre in Rainer's Büffel wieder aufzunehmen.

Und dann erfolgte der Zusammenbau. In die untere Motorgehäusehälfte wurde als erstes eine komplett überholte Wasserpumpe eingebaut an der die mechanische Dichtung, der obere Simmering und der Impeller erneuert wurden.

Dann kam der "Brocken" von Kurbelwelle wieder an seinen Platz und die Antriebswelle für die Wasserpumpe wurde eingesetzt.

Jetzt konnte das Kurbelgehäuse geschlossen werden. Nach dem einstreichen der Dichtflächen mit Gehäusedichtmittel wurde es mit auf hochglanz polierten Gehäuseschrauben verschlossen.

Der nun auch angebrachte Montageständer erleichtert das Handling des jetzt doch schon recht schweren GT 750 Motors bei der weiteren Montage der restlichen Teile erheblich.

Jetzt fehlen rechts noch die Kupplung, der Kickstarterrücklauf und die Lichtmaschine...

...und links der Anlasserfreilauf und die Zündung.

Das alles sollte jedoch in der kommenden Woche problemlos
zu schaffen sein, denn am 02.10.2015 wollen Rainer und ich das Triebwerk in seinen Büffel implantieren, um am 03.10.2015 gemeinsam zum "36. Klassiker Treffen" nach Sinsheim zu fahren.

Als nächstes war die Kupplung dran. Tiefe "Rattermarken" hatten sich über die Jahre gebildet, die jetzt sorgfältig ausgeschliffen wurden.

Als dann der Kupplungskorb wieder in Ordnung war kam er in das Motorgehäuse und wurde mit den 8 Reib- und 7 Druckscheiben befüllt. Die metallenen Druckscheiben wurden vor Einbau noch sorgfältig überschliffen, da sie Hitzeverfärbungen und Rostansätze aufwiesen.

Die Lichtmaschine wurde vom Schmutz, der hauptsächlich aus Kohlenabrieb bestand, befreit und dann mit frisch eingelöteten Schleifkohlen auf dem Kurbelwellenstumpf montiert.

Dann war es soweit, dass die rechte Motorseite geschlossen wurde. 
Der Lichtmaschinendeckel ohne Suzuki Emblem dient derzeit nur zum Schutze der Lima und wird später gegen ein schönes Exemplar von Rainers "Altmotor" ausgetauscht.

Der Anlasser wurde wieder von oben eingesetzt und nun konnte der Anlasserfreilauf auf dem linken Kurbelwellenstumpf montiert werden.

Das ehemalige Kunststoffwasserpumpenantriebszahnrad, welches wie bei allen anderen GT 750 Motoren, erhebliche Risse hatte, wurde gegen ein Aluminiumwasserpumpen-antriebszahnrad aus unserer eigenen Fertigung getauscht.

Nachdem alles wieder an seinem Platz war, wurde der Anlasserfreilauf mit dem Zündungsdeckel verschlossen und der Zündzeitpunktstern provisorisch montiert. Leider fehlt zu diesem Zeitpunkt noch die Accent Zündung, und falls diese nicht rechtzeitig geliefert wird, werde ich die Zündung aus Rainers jetzigem Motor in dieses Triebwerk einsetzen.

Dann wurden die Kolben gesetzt. Originalkolben mit +0,50, also dem ersten Übermaß, kamen zum Einsatz. Neue Kolbenbolzen samt neuen Kolbenbolzennadellager machten alles perfekt spielfrei.

Die Kolbenringe wurden jeweils mit einem Kabelbinder zusammengezogen und fixiert, dann kam der Zylinder drüber. Diese Methode hatte sich schon mehrfach bewährt, da die GT 750 sehr wenig Platz für dir Kolbenmontage bietet und alle drei Kolben fast gleichzeitig eingefädelt werden müssen.

Da stand er nun, der perfekte GT 750 M Motor, der alles in allem doch sehr viel Arbeit gemacht hatte. Er wartete jetzt nur noch darauf in Rainers L-Büffel verpflanzt zu werden und so verlud ich ihn mit Manfreds GT 750 und Viktorias "little Büffel" in unseren Transit für den Transport nach Heidelberg.

Rainer hatte in freudiger Erwartung (die nicht enttäuscht wurde) schon sehr viel Vorarbeit geleistet. Bei seinem alten Motor war bereits das Öl und das Kühlwasser abgelassen und die elektrischen Verbindungen gelöst.

Das Hinterrad hatte er ausgebaut, denn ich hatte für Rainer auch einen neuen Kettensatz dabei.

Ich verpflanzte aus dem alten L-Motor noch die Ölpumpe und die Accent-Zündung in das neue Triebwerk und der Motor kam in den Rahmen von Rainers GT 750.

Am drauffolgendem Tag fuhren wir dann zu dritt zum 36. Klassiker Treffen nach Sinsheim, wo die drei GT´s wieder einmal für viel Aufsehen sorgten. Vicky fuhr mir Ihrer GT 550 M (little Büffel). Ich hatte Manfreds GT 750 B dabei und Rainer seine L mit neuem M-Motor. Wir trafen viel liebe und nette Bekannte und es gab jede Menge schöner Motorräder zu bewundern.

Aber das Beste war das permanente Dauergrinsen meines Freundes Rainer, den die Leistung und die Laufkultur seines neuen Motors restlos begeisterte. Nun war Rainer endlich bei mehr Dampf angekommen. 
 

Auftrag erfüllt!