"Miss Lavender" zur Kur in Schweinfurt

November 2016 holten wir die GT 750 von Frank aus München in die Bikeschmiede. Die GT
von Frank, liebevoll "Miss Lavender" genannt, hatte die besten Jahre hinter sich, der TÜV
war 2012 abgelaufen und der Motor kränkelte.

Es wurde Zeit für die große Kurpackung.

Optisch noch recht ansehnlich, war die GT jedoch ein ziemlicher Mischling. Motor- und Fahrgestellnummer deuteten auf ein A-Modell hin, welches mit viel Zubehörteilen und auch Teilen vom J-Modell gepimmt wurde. Ganz interessant waren die hinteren Sturzbügel, die von einer US Patroler stammten.

Gut, dies ist alles eine Geschmacks- und Ansichtssache und es liegt mir fern, Frank deswegen zu kritisieren oder auf absolute Originalität Wert zu legen. Letztendlich ist "Miss Lavender" so in gewisser Weise einzigartig und es muss schlicht und einfach Frank gefallen.

Mich interessierte in erster Linie, dass die Technik wieder stimmte und da war etliches schwerst im Argen. 

Also wurde "Miss Lavender" erst einmal zerlegt. Beim Ablassen des Getriebeöls fiel sofort der hohe Wasseranteil und die immense Menge an Flüssigkeit auf. Also Motor raus und auf mit dem Ding!


Schon optisch stark verdreckt und unansehnlich machte der Motor keinen guten Eindruck. Was im Inneren noch viel schlimmer werden sollte. 

Nachdem der Zylinderkopf abgenommen war, sah man schon, dass an dem Motor wahrscheinlich ein Wasserschaden vorlag.

Der Zylinder wehrte sich tapfer gegen die Demontage, musste dann jedoch, als ich die Abhebeplatte verwendete, aufgeben.

Bei dermaßen aufgequollenen Zylinderstehbolzen war das auch kein Wunder.

OK, das musste erst mal alles gründlich gereinigt werden, also kamen die Teile in den Teilewäscher. Unter den Seitendeckeln und im Getrieberaum sah es auch nicht besser aus.

Überall flossen Massen von Öl-Wasser-Emulsion heraus. Nun galt es alles gründlich zu reinigen und herauszufinden, was die Ursache war. 

Da der Motor vor 2012 bei einem Suzukihändler in Reparatur war, vermutete ich da das Ungemach. Nach dem Entfernen des Ölpumpengehäusedeckels musste ich feststellen, dass man den Überlaufkanal der Wasserpumpe zugeklebt hatte. Eine defekte Wasserpumpe kann so das Wasser nicht mehr ins Freie fördern, sondern füllt bei verschlossenen Bypass den Motor innen ab. 

In allen Ecken des Motors waren Massen von der Emulsion und so wurde jedes Teil zerlegt und gereinigt.

Die Kurbelwelle wurde zur Überholung zu Bernd Braun (Crank Up) nach Herne geschickt und alle Motorteile wurden gewaschen.

Nach dem Waschen wurden die Motorteile glasperlgestrahlt, die Gehäusehälften frisch lackiertund die Seitendeckel in der Gleitschleifmaschine auf Hochglanz gebracht.

 Zylinder und Zylinderkopf wurden ebenfalls gleitgeschliffen und danach wurden die Laufbahnen bei Grob Motoren neu gehont. Die Kolben, im ersten Übermaß, waren noch soweit in Ordnung, dass sie weiter verwendet werden konnten. 

Die Wasserpumpe, die ich für das ganze Malheur im Verdacht hatte, stellte sich auch prompt als Übertäter heraus.

Das Wasserpumpenlager und der Dichtring waren völlig zerstört und hätte man den Überlauf nicht zugekleistert, hätte die Pumpe das Wasser ins Freie befördert, statt den Motor abzufüllen.

Die komplett überholte Wasserpumpe wird jetzt ihren Dienst wieder problemlos verrichten.

Die gereinigten Getriebeteile und die von Bernd Braun überholte Kurbelwelle konnten wieder in das absolut saubere Motorgehäuse eingebaut werden.

Und der Motor wurde geschlossen. 

Der defekte Anlasserfreilauf wurde überholt und mit neuen Lagern auf dem Kurbelwellenstumpf befestigt.

Unser selbstgefertigtes Aluminiumwasserpumpenantriebszahnrad sowie die obligatorische Accentzündung von Uwe Gottwald wurden ebenfalls verbaut. 

Der Kupplungskorb wurde von allen Rattermarken befreit und neu gelagert. Mit dem Einbau neuer Druck- und Reibscheiben sollte auch das von Frank bemängelte Klappern und Kupplungsrupfen beseitigt sein. Als nächstes kam die Lichtmaschine wieder an ihren Platz. Sie hatte zwar optisch durch den Wasserschaden gelitten, war aber nach wie vor voll funktionstüchtig.

Damit hatte der Motor von "Miss Lavender" seine Kur erfolgreich abgeschlossen und wartete darauf, dass die restlichen "Wehwehchen", die das Fahrwerk der GT quälten, beseitigt wurden.