Das neue Herz der 750 M

Die GT 750 M von Helmut, die mit ihrem schweren Motorschaden den Weg in die Bikeschmiede gefunden hatte, wartete darauf dass die Motorteile vom Glasperlstrahlen zurück kommen.

Rainer, dem ich vergangenes Jahr auch eine GT 750 L aufgebaut hatte, kümmert sich seitdem um diese Arbeiten.

In der, wie von Rainer gewohnten Gründlichkleit, klebte er erstmal alle nicht zu strahlenden Flächen und sämtliche Kanäle ab, damit dort kein Strahlgut hinkommt. 

Dann wurden die Teile dermaßen fein mit Glasperlen gestrahlt, dass es eine fein angeraute glatte Oberfläche ergab. So ist das Finish der gestrahlten Teile besser als das mit welchem sie vor 40 Jahren das Suzuki Werk in Hamamatsu verließen.

Im nächsten Arbeitsgang plante Rainer auch gleich den Zylinder und den Zylinderkopf, so dass später beim Zusammenbau alles plan aufeinanderpasst und die Dichtheit dieser beiden Flächen gewährleistet ist.

Als nächstes kam die instandgesetzte Kurbelwelle von Bernd Braun zurück.
 

Die Kurbelwelle, die einen heftigen Lagerschaden hatte, wurde von Bernd komplett zerlegt und mit neuen Lagern versehen.

Die Kurbelwellensimmerringe, die bei einem Zweitaktmotor unbedingt in Ordnung sein müssen, da diese das Kurbelgehäuse abdichten, wurden ebenfalls komplett erneuert.

Bernd Braun lieferte wie immer eine perfekte Arbeit und ist dadurch nicht umsonst in der Zweitaktszene mit seiner Firma CrankUp die erste Adresse, wenn es um die Instandsetzung rollengelagerter Kurbelwellen geht.

Dann kamen auch die sauber gestrahlten Teile von Rainer zurück. Alles sah wie neu aus als ob dieser Motor noch nie gelaufen wäre und gerade erst vom Band genommen wurde. Wo war nur der Schmodder der letzten 40 Jahre geblieben?

Jedes Teil war in absolutem Topzustand. 

Es war jetzt schon abzusehen, dass auch dieser GT Motor wieder eine glänzende Augenweide werden würde und damit dieser Zustand auch lange im rauhen Fahrbetrieb erhalten bleibt, lackierte ich die Motorgehäusehälften mit einem hitzebeständigen und lösungsmittelfestem Zwei-Komponenten-Klarlack.

So geschützt lässt sich der schöne Motor der GT 750 auch später spielend sauber halten.

Dann ging es mit den Innereien weiter.
Die SRIS (Suzuki-Recycle-Injection-System) Ventile an der Stirnseite der unteren Motorhälfte waren völlig verstopft. Die einstmal verbauten Filtersiebe, die man bei den heutigen modernen Zweitaktölen getrost weglassen kann, waren bis zur Unkenntlichkeit zerfressen. Ein gründliches Ultraschallbad machte die Ventile wieder durchlässig und entfernte den Dreck.
 

Die Wasserpumpe, die unsachgemäß entfernt worden war, musst erneuert werden. Das Wasserpumpengehäuse war durch derbe Hammerschläge völlig verformt und gerissen. Der Kunststoffring auf der Druckfeder war gebrochen und die O-Ringe gerissen.

Da ich noch eine zweite Wasserpumpe auf Lager hatte, an der z. B. das Lager und der Impeller defekt waren, beschloss ich aus diesen zwei defekten eine intakte zu machen.


Die Wasserpumpenantriebswelle wurde gereinigt und poliert und das Wasserpumpengehäuse ebenfalls.

Das Wasserpumpenlager, die Druckfeder samt der Kunststoffscheiben kamen in das neue Gehäuse, welches dann mit neuen O-Ringen versehen wurde.

Nach diesem Umbau hatte ich eine ruhig laufende und völlig intakte Wasserpumpe, die in den kommenden Jahren zuverlässig das Zweitaktherz der GT 750 M kühlen wird.

Nun, nachdem die Wasserpumpe instandgesetzt war, kam sie wieder in den Wasserpumpenschacht der unteren Motorhälfte und prompt zeigte sich ein neues Problem.

Der Wasserpumpenüberlauf (in der Schnittzeichnung Nr. 19) fehlte in den Kisten mit dem Sammelsurium, welches einmal ein kompletter GT 750 M Motor war.

OK, dachte ich, wenn das Teil nicht da ist, muss es halt bestellt werden. Leider musste ich feststellen, dass der Wasserpumpenüberlauf bei keinem meiner Lieferanten mehr zu bekommen war. Recherchen im Internet ergaben, dass es dieses Teil nicht mehr gab und dass es auch niemand mehr hatte.

Also blieb mir nichts anderes übrig als den Wasserpumpenüberlauf selbst zu fertigen.

Zwei alte Anschlüsse einer Zweitaktölleitung wurden entrostet und gereinigt. Die vegammelte Bohrung wurde neu gebohrt und um 0,2mm erweitert - damit hatte ich die Anschlüsse.

Ein hochfester, lösungsmittelresistenter und hitzefester Kunststoffschlauch mit 6mm Innendurchmesser diente zur Verbindung zwischen beiden Anschlüssen.

Damit der Verbindungsschlauch auf gar keinen Fall von den Anschlüssen rutschen kann, wurde jeweils an den Anschlüssen eine Metallhülse aufgepresst und diese mit dem Anschluss verlötet.

In den Motor eingesetzt und mit Kupferdichtringen abgedichtet sieht die Eigenbau Wasserpumpenüberlaufleitung fast aus wie das Originalteil.

Auf jeden Fall wird diese mit Sicherheit für den Rest des Motorlebens halten.

Nachdem ich den im Motorsammelsurium fehlenden Seegering für die Befestigung des Impellers der Wasserpumpe besorgt hatte, konnte diese mit dem schneckenförmigen Deckel verschlossen werden.

Als nächstes war nun das Getriebe dran und es gab gleich eine böse Überraschung. In keinem der von Helmut angelieferten Kartons war eine Kupplung. Die Kupplung fehlte komplett, also der Kupplungskorb, alle Reib- und Druckscheiben samt Lager und Befestigungsmaterial. Ich war begeistert.

Ich setzte die Schaltwalze und die Schaltklauen wieder in das Motorgehäuse ein und dann folgten die Getriebewellen und die Kickstarterwelle. Auch die Antriebswelle der Wasserpumpe wurde eingesetzt.

Und es fehlten erneut Teile. Die C-Ringe, die zur Fixierung der Getriebelager im Gehäuse dienen, waren unvollständig. Von vier C-Ringen waren nur zwei vorhanden und einer davon auch noch gebrochen. Aus Mangel an Ersatz fertigte ich die drei C-Ringe neu.

Die nächste Überrachung folgte sogleich, denn beim Einsetzen des Schaltwalzentreibers fehlte ein Druckstift der Schaltklinke.


Es war erneut die Eisensäge und die Feile gefordert, um auch diesen fehlenden Druckstift anzufertigen.

So langsam nervte mich das ständige Suchen nach Teilen, die nicht vorhanden waren und ich schaute in meinem Lager
nach, was so alles an GT-Teilen noch vorrätig war.

Ich hatte zb. zwei Kupplungen, jedoch war keine komplett
und bekam von Martin von den zweitakt-Freunden.de noch
eine komplette dazu. Dann hatte ich kupplungsseitig alles
was ich brauchte und die generalüberholte Kurbelwelle kam wieder an ihren Platz.

Nachdem ich alles nochmal überprüft hatte, das Getriebe schaltete sich butterweich, wurden die Gehäuseteile mit Dichtungsmittel bestrichen und miteinander verschraubt.

An den jetzt geschlossenen Motor wurde dann der Anlasserfreilauf und das Antriebszahnrad für die Wasserpumpe angebracht.

Das im Original aus Nylon bestehende Wasserpumpenantriebszahnrad ist eine der Schwachstellen der GT 750. Um den Stahlkern, der zur Befestigung dient, bilden sich immer wieder Risse, die zu schweren Motorschäden führen können.

Da ich bislang noch keine GT 750 gesehen hatte an der dieses Nylonzahnrad nicht defekt war, wurde es Zeit für dieses Problem Abhilfe zu schaffen. Rainer, der sich ja bereits für die gesamten Glasperlstrahlarbeiten an dem Motor verantwortlich zeichnete, verfügte in seiner Firma über einen entsprechenden Maschinenpark und unterstützte mich in diesem Vorhaben.

Wir fertigten das Nylonzahnrad in einer hochfesten Aluminiumlegierung nach und der erste Prototyp dieser Nachfertigung wird in Helmuts GT 750 M eingesetzt.

Sollte sich dieses Aluwasserpumpenantriebszahnrad bewähren, kann es dann für alle GT 750 Modelle über die Bikeschmiede bezogen werden.

Auch bei der Montage des Anlasserfreilaufes fehlte erneut ein Teil. Der Keil, der den Freilauf gegen verdrehen auf der Kurbelwelle fixiert, war einfach nicht auffindbar und auch der Sift zur Fixierung des jetzt aus Aluminium bestehenden Wasserpumpenantriebszahnrades war nicht vorhanden. 
Auch diese Teile, die abgingen, fertigte ich nach.

Der Kupplungskorb, den ich aus all den Kupplungsteilen auswählte, die ich jetzt für den GT Motor hatte, wies wie so üblich heftige Verschleißvertiefungen durch die Kupplungsscheiben auf.

Weil sich diese Riefen später im Fahrbetrieb negativ auf das Trennverhalten der Kupplung auswirken kann, mussten diese eingeschlagenen Vertiefungen entfernt werden.

Ich feilte alle Flanken des Kupplungskorbes gleichmäßig ab und glättete die Flanken penibel.

Jetzt können sich die Kupplungsscheiben frei ohne jeden Widerstand bewegen, was eine gut zu dosierende Kupplung zur Folge hat.

Nach dem Einsetzen von acht neuen Lamellenreibscheiben und sieben frisch überschliffenen Stahldruckscheiben war die Kupplung praktisch im Neuzustand und wurde mit frischen Kupplungsfedern wieder ins Motorgehäuse eingebaut.

Sicher ist einigen von Euch aufgefallen, dass seit geraumer Zeit nichts an der GT 750 M von Helmut weitergeht. Das ist auch leider so und Schuld ist ein Malleur, welches mir passierte. Am 05.06.2014 rangierte ich einige Motorräder in meiner Werkstatt um als mir eine Suzuki GSX 600 F vom Seitenständer rutschte.


Das Moped drohte umzufallen und so langte ich mit meinem linken Arm, dessen Hand sich noch am Lenker befand, beherzt hin und richtete die Maschine wieder auf.

Dabei riss mir die distale Bizepssehne am Unterarm, also die Ansatzsehne. Am 10.06.2014 erfolgte die Operation dieser Verletzung und seitdem laufe ich mit einer Gipsschiene, die sämtliche schraubenden Tätigkeiten unterbindet, herum.

Da nach Aussage der Ärzte dieser Zustand ca. 6 bis 8 Wochen so bleiben wird liegen derzeit alle Projekte und Arbeiten auf Eis.

Nach Ausheilung dieser Verletzung und wieder voll hergestellter Funktion des linken Armes geht die Restauration der GT 750 M weiter bis zur Fertigstellung.

Inzwischen sind rund 8 Wochen nach dem Bizepssehnenabriss vergangen und ich muss sagen, dass sowohl die Ärzte als auch meine Physiotherapeutin recht gute Arbeit geleistet haben.

Der Arm ist wieder voll beweglich und fast schmerzfrei, lediglich die früherer Kraft ist noch nicht wieder vorhanden - aber ich kann wieder schrauben und so geht es jetzt mit Helmuts Büffel weiter.

Als nächstes waren die Kolben dran, die ja laut dem vorherigen Mechaniker, völlig verschlissen sein sollten und unbedingt gegen neue Übermaßkolben der Marke Wiseco ausgetauscht werden müssten!!!

Ich reinigte die Kolben erstmal und maß sie genau nach.

So konnten die Kolben mit neuen Kolbenbolzen, die alten waren ziemlich eingelaufen, in die Pleullageraugen der überholten Kurbelwelle montiert werden.

Die Zweitaktölpumpe samt aller dazugehöhrigen Leitungen wurde montiert und dann wurde der Motor mit...

...dem frisch gehohnten Zylinder und mit dem Zylinderkopf verschlossen.
Die neuen SRIS-Leitungen samt überholter SRIS-Ventile kommen an dem sauber gestrahlten Motorblock und Zylinder schön zur Geltung. Die polierte Leitungsbefestigung und der Kühlwasseranschluss runden das perfekte Finish ab.

Das Aluminiumwasserpumpenantriebszahnrad aus meiner eigenen Fertigung wurde noch einmal ausgetauscht.

Für den Prototyp dieses Zahnrades diente Helmuts GT Motor als Muster und nachdem inzwischen das endgültige Wasserpumpenantriebszahnrad in Produktion gegangen war, habe ich es natürlich gegen ein endgültiges ausgetauscht.

Der Sitz dieses Serienzahnrades auf der Welle ist jetzt absolut spielfrei und die Zahnradbelastung wurde mit 550 Nm/mm² noch einmal verbessert.

Mit diesem Zahnrad gehören Probleme mit dem Wasserpumpenantrieb nun endgültig der Vergangenheit an.

Nun kamen die Polierarbeiten an den Seitendeckeln. Der Lichtmaschinendeckel und der Anlasserdeckel, die schmodderich graugelb waren, erstrahlten in neuem Glanz.

Die von mir für neu aufgebauten GT-Motoren schon obligatorische Accent-Zündung von Uwe Gottwald wurde eingesetzt...

...und mit dem ebenfalls polierten Gehäusedeckel verschlossen.
Es wurde nun noch der Kupplungsdeckel auf Vordermann gebracht und so langsam erstrahlte der GT 750 M Motor wieder in seinem Urprungszustand.

Als nächstes folgten die Vergaser, die wie ich es bereits gewohnt bin, sich nach 40 Jahren in einem recht desolatem Zustand befanden.

Da hilft nur die gesamte Vergaserbatterie komplett zu zerlegen und grob im Teilewäscher zu reinigen.

Dann ging es ab ins Ultraschallbad und danach ans Beseitigen der Fehler und eventueller Beschädigungen.

Nach dem Ultraschallbad waren die Vergasergehäuse zwar sauber jedoch matt. Die Vergaserdeckel und Schwimmerkammern hatten keinen Glanz und auch die Bedienelemente wie der Chokehebel mussten überarbeitet werden.

So wurden die einzelnen Komponenten der Vergaser gebürstet und dann poliert.

Die Vergasergehäuse haben nach dem Bürsten einen schönen matten Glanz.

Nach dem Polieren hatten dann die Teile den richtigen und von mir erwarteten Glanz.

Jetzt mussten nur noch die restlichen zwei Vergaser auf das selbe Finish gebracht werden.

Nachdem dann auch die restlichen Einzelteile der Vergaser gereinigt, poliert und gebürstet waren ging es an den Zusammenbau der Mikuni BS 40 Vergaserbatterie von Helmuts M Büffel.

Die Messingteile wie die Schwimmer, die Düsennadeln und die Chokekolben wurden nochmals auf Verschleiß oder Beschädigung kontrolliert, da diese Komponenten für die reibungslose Kraftstoffversorgung verantwortlich sind.

Nach all dem Aufwand stellt man immer wieder fest, wie schön so eine 40 Jahre alte Vergaserbatterie sein kann, wenn das ursprünglich edle Finish wieder hergestellt wurde.

Die auf hochglanz polierten Vergaserdeckel und die glänzenden Schwimmerkammern heben sich wunderbar vom matten Schimmer der Druckguss Vergasergehäuse ab. Das ist einfach stilvoller Motorenbau der `70er Jahre und nicht mit dem heutigen Einheitsbrei vergleichbar.

Jetzt, nachdem die Vergaser fertig waren, kamen sie an den ebenfalls fertigen Motor und die elektrischen Leitungen wurden noch richtig unter der Ölwanne verlegt.

Schnell noch den Schalter für die Ganganzeige eingesetzt und das Kettenritzel aufgeschraubt und schon wartete ein wieder schön hergerichteter GT 750 Motor, dass sein Fahrwerk für den Einbau fertig wird.

Egal wie viele GT 750 ich schon aufgebaut habe und wie viele noch folgen werden, so bin ich doch jedesmal, wenn ein GT Motor fertig ist, von seiner Schönheit fasziniert.

Suzuki schaffte es in den `70er Jahren mit den GT Modellen eine Motorengeneration zu kreeiren, die auch nach 40 Jahren nichts von ihrer Einzigartigkeit verloren hat. Zeilos schöne Technik, die zum Erhalten nur einer fachkundigen und leidenschaftlichen Hand bedarf.

Wie es mit der Suzuki GT 750 M weiterging, wie der komplett überholte Motor lief und was es alles noch für Arbeiten gab, könnt Ihr im dritten und letzten Teil nachlesen.